Einleitend betont Bonhoeffer, dass die Gemeinschaft mit
Glaubensgeschwistern nichts Selbstverständliches für den Christen sei.
So sei Jesus in seinen letzten Stunden allein und von seinen Jüngern
verlassen gewesen und viele Gläubige müssten aufgrund von
Gefangenschaft, Krankheit o.ä. auf dieses Geschenk verzichten.
Die Möglichkeit, heute mit anderen Christen beisammen zu sein, sei reine
Gnade und eine „Vorwegnahme der letzten Dinge“ und ein Grund für große
Dankbarkeit.
Bonhoeffer erwähnt den Begriff der „fremden Gerechtigkeit“
(extra nos), welche meint, dass die Gerechtigkeit und Gnade, die ein
Christ erfährt, stets von außen auf ihn zukommt und nicht in ihm selbst
entsteht. Daraus folge, dass ein Gläubiger immer wieder auf
Geschwister angewiesen sei, die ihm als Von-Außen-Kommende das Wort
Gottes zusprechen und damit seinen Glauben bekräftigen.
Dabei ist dem
Autor durchaus bewusst, dass auch unter Christen immer wieder Streit
entsteht – was er als einen Hinweis darauf deutet, dass die geistliche
Gemeinschaft nur durch Christus als Mittler möglich ist. So habe Jesus
uns gelehrt, einander so barmherzig zu behandeln, wie er uns behandelt.
Bedeutsam sei dabei stets, den anderen im Lichte Jesu zu sehen: als das,
was Jesus in ihm sieht, was Jesus für ihn getan hat und mit ihm vorhat
und weniger als das, was er für mich persönlich sein kann – z.B. ein
Freund, der mein Bedürfnis nach menschlicher Gemeinschaft erfüllt (oder jemand, der mir tierisch auf die Nerven geht ..): „Wir
haben einander nur durch Christus, aber durch Christus haben wir einander auch wirklich, haben wir uns ganz für alle Ewigkeit.“ (S. 18).
Letzteres dürfe, so Bonhoeffer, auch „allem trüben Verlangen nach mehr
von vornherein den Abschied [geben]. Wer mehr haben will, als das, was
Christus zwischen uns gestiftet hat, der will nicht christliche
Bruderschaft, der sucht irgendwelche außerordentlichen
Gemeinschaftserlebnisse […]. “ (S. 22). Dort, wo Menschen Wunschbilder
und Ideale in die christliche Gemeinschaft hineinbringen, liege eine
große Gefahr, denn: „Wer seinen Traum von einer christlichen
Gemeinschaft mehr liebt als die christliche Gemeinschaft selbst, der wird
zum Zerstörer jeder christlichen Gemeinschaft […]. Gott hasst die
Träumerei, denn sie macht stolz und anspruchsvoll“ ( S. 20)
Bonhoeffer warnt Gemeindeleiter und –mitglieder davor, über ihre
Gemeinde zu klagen und als Fordernde und Klagende aufzutreten, die
stets nur das sehen, was nicht vorhanden ist. Es sei ein Irrglaube, zu
denken, man müsse mit der Umsetzung seiner Träume und Visionen die
Gemeinschaft erst schaffen. Stattdessen habe Gott diese bereits
besiegelt und Christen sollen anstatt als Fordernde und Klagende
vielmehr als Empfangende das dankbar annehmen, was Gott ihnen schenkt.
Selbst eine Gemeinde, in der viel Streit herrscht, könne zu geistlichem
Wachstum führen und sei immer noch das große Geschenk der Gemeinschaft.
Zwar habe vermutlich jeder Christ schon einmal besondere
Gemeinschaftserfahrungen gemacht, diese seien aber nicht das Ziel oder
die Grundlage von geistlicher Gemeinschaft: „Nicht die Erfahrung der
christlichen Bruderschaft, sondern der feste und gewisse Glaube an die
Bruderschaft hält uns zusammen.“ (S. 34)
Bonhoeffer betont, eine christliche Gemeinschaft dürfe sie sich nicht als besondere Bewegung,
Orden o.ä., sondern nur als ein Teil der einen Kirche verstehen.
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